Kleine Freiheit
  1978

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Qualitätsprämie der Eidgenossenschaft
Zürcher Filmpreis

2017 von der Cinémathèque Suisse und Memoriav restauriert und digitalisiert. Erstaufführung dieser Version nach 40 Jahren am
70. Filmfestival Locarno
.

Klein ist die Freiheit derer, die lediglich in der Freizeit frei sind.

Weil das was man tun muss, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, nur selten dem entspricht, was man tun möchte, um glücklich zu sein, sucht mancher in der Freizeit in einem Hobby jene schöpferische Selbstverwirklichung, welche ihm eine uninteressante Arbeit nicht bietet.

Die
Familiengärtner in Zürich-Herdern verlieren wegen des Neubaus des Gemüse-Engros Marktes ihre eigentliche Heimat und zünden in ihrer Wut gegen die Obrigkeit ihre liebevoll gebauten Häuschen an. Drei Einzelschicksale zeigen kontrapunktisch die Schwierigkeit, heute ein ganzer Mensch zu sein:

Franz Sailer, geb. 1912, war Brunnenmeister der Stadt Uster und baut in seiner Freizeit Modell-Dampflokomotiven aus Metallabfällen. Er steht als Beispiel einer harmonischen Parallelentwicklung von Beruf und Hobby.

Alex Bruggmann, geb. 1935, ist Hilfarbeiter in Zürich. In seiner Freizeit schnitzt er Totempfähle, "wenn es die Indianer schon nicht mehr machen". Das Hobby ist bei ihm Erholung von einer unbefriedigenden und ungesunden Arbeit in einer Lackfabrik. Seine Frau hat kein Hobby, aber eine Familie.

Bruno Giezendanner, geb. 1946, betreibt eine kleine feinmechanische Werkstätte. Er ist zweifacher Weltmeister und elffacher Schweizermeister im Modell-Kunstflug. Bei ihm hat sich das Hobby soweit verselbständigt, dass es fast wichtiger ist als der Beruf. Sein fünf Jahre älterer Bruder Emil Giezendanner ist sein bester Helfer und einer seiner grössten Konkurrenten.

Zukunft von den Rändern her

"Was einem als Zuschauer in den letzten sechs Minuten des Filmes alles durch den Kopf geht, ist vielleicht unbeschreiblich. Meine Assoziationen reichten von Zilles Darstellungen des Berliner Superproletariats über die Juden des Warschauer Ghettos... Die Indios in den schwierigsten und unfruchtbarsten Höhen der Anden, die Tessiner Bergbauern mit ihren Miniaturterrassen, vor allem auch Armand Schulthess, der in jahrelanger Arbeit sein Reich aus dem Müll einer ihm fremden Zeit schuf, bis hin zu den Schreckensvorstellungen unseres durch einen Atomkrieg verwüsteten Planeten, den ein paar wenige Überlebende wieder bewohnbar zu machen versuchen. Der Garant einer Zukunft ist nicht der den Boden für eine grosse Zukunft ebnende Trax oder die schon auf anderen Gärten (Gräbern) sich hochstapelnden Bürohäuser im Hintergrund, sonder der Arme, der Alte, der Behinderte, sein Plan, seine Geduld, sein Fleiss: Eine Figur, die ausser Kurs, unnütz, unproduktiv ist, ein Mensch, über den fortschrittsgläubige, effiziente, moderne, dynamische Zeitgenossen vielleicht sogar lachen. ...

Schlumpf's Zeugen einer besseren - vergangenen und künftigen - Welt stehen mit einem Bein in der Unfreiheit, mit dem anderen suchen sie Boden im Reich der Freiheit. Familiengärtner, Hobbybastler, Künstler, Sportler formulieren mit ihrem "zweiten Leben" die Sehnsucht danach, "ganz" zu sein, selbst wenn man sich zusammensetzen muss. Ein Film mit starken, tiefen Bildern und einer klaren Vision."

Martin Schaub im Tages-Anzeiger Magazin

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